»Klassik im Krafft-Areal«


Samstag, den 7. September 2024, 19.00 Uhr

Daniel Johannsen Daniel Johannsen (Photo: Marcel Plavec)


Liederabend – Franz Schubert: »Winterreise«

Daniel Johannsen, Tenor
Walter Bass, Klavier


»Geht es darum, (deutschsprachige) Texte Musik werden zu lassen, markiert Daniel Johannsen derzeit den Gipfel sinnlicher Sinnvermittlung. […] Kurzum: Anders mag man das singen können, besser nicht.« So urteilt die Leipziger Volkszeitung über die für den OPUS KLASSIK 2023 nominierte CD »360° Hugo Wolf«, die der Tenor mit dem Pianisten Andreas Fröschl veröffentlichte. Der 1978 in Wien geborene Sänger, bekannt und geliebt vor allem für seine weltweiten Bach-Interpretationen, ist als Schüler von Robert Holl und Dietrich Fischer-Dieskau dem Liedgesang sehr zugetan und erfuhr durch Preise beim Mozart-, Schumann- und Wigmore-Hall-Wettbewerb auch in diesem Genre schon früh Anerkennung. Als Operndarsteller war und ist Daniel Johannsen am Münchner Gärtnerplatztheater, an der Volksoper Wien und an den Opernhäusern von Leipzig und Bonn zu erleben.

Sein Liedrepertoire umfasst, neben den großen Zyklen, mehr als 300 Lieder aus dem deutsch-, englisch- und französischsprachigen Œuvre, das er bislang mit Duopartnern wie Graham Johnson, Kristian Bezuidenhout und Jörg Demus darbot. Großen Widerhall fand etwa sein Schubert-Album »Lieder ohnegleichen«, das er mit Christoph Hammer (am Graf-Fortepiano von 1826) aufnahm. Unter seinen zahlreichen Lied-CDs findet sich auch die welterste Einspielung von Schuberts »Schöner Müllerin« in einem Arrangement für Streicher, die er 2023 mit dem Alinde Quartett bei hänssler veröffentlichte.
Weitere Infos unter:    www.danieljohannsen.com

Walter Bass wurde in Wien geboren. Nach der Reifeprüfung studierte er an der Musikhochschule seiner Heimatstadt Klavier und Tonsatz. Neben der solistischen Tätigkeit spezialisierte er sich auf Vokalbegleitung in vielfältiger stilistischer Ausrichtung (Klassik, Operette, Chanson, Jazz, Musical, Pop). Auftritte bei den Wiener Festwochen, beim Klangbogen Wien und im Rahmen internationaler Tournéen (Basel, Baden-Baden, Moskau, St. Petersburg, Edinburgh u. v. m.). Der Pianist ist Mitglied zahlreicher musikalischer Formationen (u. a. Vienna Strings, Wiener Vocal Quartett) und korrepetiert, häufig auch im Rahmen von Meister- und Sommerkursen. Einen besonderen Schwerpunkt seiner musikalischen Tätigkeit bilden Vokal- und Instrumentalarrangements für die verschiedensten Besetzungen. Zudem ist Walter Bass leidenschaftlicher Musikpädagoge, etwa am Bundes-Blindeninstitut in Wien. Mit dem Sänger Daniel Johannsen gab er bereits eine Reihe von Liederabenden (etwa beim Internationalen Brahmsfest Mürzzuschlag, im Österreichischen Kulturforum Sarajewo oder beim Festival im steirischen St. Gallen); zuletzt war er auch Vokalbegleiter von Kammersänger Robert Holl.



Programm

Franz Schubert (1797 – 1828) Winterreise op. 89 D 911
Liederzyklus nach Gedichten von Wilhelm Müller
  Gute Nacht
Die Wetterfahne
Gefrorne Tränen
Erstarrung
Der Lindenbaum
Wasserflut
Auf dem Flusse
Rückblick
Irrlicht
Rast
Frühlingstraum
Einsamkeit
Die Post
Der greise Kopf
Die Krähe
Letzte Hoffnung
Im Dorfe
Der stürmische Morgen
Täuschung
Der Wegweiser
Das Wirtshaus
Muth!
Die Nebensonnen
Der Leiermann
 


Mit Franz Schubert erreicht die Gattung des Kunstliedes einen ersten Höhepunkt. Er macht das Klavier zum gleichberechtigten Partner des Sängers und vereint in seinen Liedern klassische Schlichtheit und romantische Emphase in vollendeter Weise. Mit seinen mehr als 600, in ihrer musikalischen Vielfalt beeindruckenden Liedern, prägt er die Gattung in einer Weise, dass das Wort »Lied« als Lehnwort auch in die französische und die englische Sprache Eingang gefunden hat.

»Schubertiade«, so wurden bereits zu Lebzeiten Franz Schuberts die von Freunden veranstalteten Aufführungen seiner Werke im privaten Rahmen genannt. Viele der Lieder, die Schubert verfasst hat, wurden bei diesen Anlässen erstmals zu Gehör gebracht. Die Liederzyklen bestehen aber auch im Konzertsaal. Der berühmte britische Tenor (und Historiker) Ian Bostridge, schreibt in seinem »unfassbar klugen« Buch »Schuberts Winterreise«: »Für den Eingeweihten ist die ›Winterreise‹ eines der großen Feste des musikalischen Kalenders: ein ernstes Fest, aber auch eines, das eigentlich immer das Unaussprechliche streift und tief zu Herzen geht. Nach dem letzten Lied, ›Der Leiermann‹, tritt eine besondere Stille ein, die Art von Stille, die sonst nur eine Bach-Passion heraufbeschwören kann.«

Im Frühjahr 1827 ist Franz Schubert wieder zu seinem Freund Franz von Schober gezogen. Sein Gesundheitszustand ist schlecht und doch entstehen in den folgenden Monaten bedeutende Kompositionen, darunter die »Winterreise«, nach der »schönen Müllerin« der zweite große Liederzyklus nach Gedichten von Wilhelm Müller. Einen ersten Teil der insgesamt 24 Gedichte entdeckt Schubert unter dem Namen »Wanderlieder von Wilhelm Müller verfasst. Die Winterreise. In 12 Liedern« in dem damals verbotenen »Urania Taschenbuch auf das Jahr 1823« in Schobers Bibliothek. Diesen ersten Teil der »Winterreise« vertont Schubert laut Autograph noch im Februar 1827. Nur wenige Wochen später stößt Schubert – wieder in Schobers Bibliothek – auf Müllers vollständige »Winterreise« unter dem Titel »Gedichte aus den hinterlassenen Papieren eines reisenden Waldhornisten. Zweites Bändchen. Lieder des Lebens und der Liebe.« Bereits Ende Oktober hat Schubert alle Gedichte vertont. Einige der Lieder des ersten Teils hat er noch einmal überarbeitet. Im zweiten Teil verändert er die Reihenfolge der Lieder gegenüber Müllers Vorlage. Hinzu kommen Eingriffe in den Text.

Wovon handelt die »Winterreise«? Das eigentliche Drama liegt schon zurück. Es wird uns in Rückblenden mehr angedeutet als mitgeteilt. Vor allem haben wir teil an den Eindrücken und Stimmungen, am Schmerz und an der Verzweiflung eines namenlosen jungen Wanderers, der nach enttäuschter Liebe die Stadt, seine Heimat, die Welt des grünen Grases, der blühenden Blumen, des rauschenden Baches, der Liebe und der Geborgenheit verlässt in eine Welt jenseits davon, eine kalte Winterlandschaft, erstarrt in Eis und Schnee. Zu Beginn der Reise wechseln in der noch frischen Erinnerung an die gerade erst verlassene Welt Ausbrüche von Freude und Leid, Hoffnung und Verzweiflung. Am Ende vernehmen wir nur noch ruhig-düstere Trostlosigkeit. Eisig, trostlos und zum Verzweifeln waren auch die politischen Verhältnisse der Zeit. Metternich hatte nach dem Mord an Kotzebue mit Hilfe der »Karlsbader Beschlüsse« das öffentlich-geistige Leben der Intellektuellen, die in der Folge der Französischen Revolution auf ein freies Leben, einen Frühling, hofften, durch Zensur und Überwachung erstickt. »Schubert (geboren 1797) und Müller (geboren 1794) führen uns eine Winterreise vor Augen, die zur Metapher für eine Ära wurde.« (Ian Bostridge)

»Komm heute zu Schober, ich werde euch einen Kranz schauerlicher Lieder vorsingen. Ich bin begierig zu sehen, was ihr dazu sagt. Sie haben mich mehr angegriffen, als dies je bei anderen Liedern der Fall war.« So kündigt Franz Schubert seinem Freund Spaun seine »Winterreise« an. Spaun berichtet uns weiter: »Er sang uns nun mit bewegter Stimme die ganze Winterreise durch. Wir waren durch die düstere Stimmung dieser Lieder ganz verblüfft, und Schober sagte, ihm habe nur ein Lied, ›Der Lindenbaum‹, gefallen. Schubert sprach darauf zu uns: Mir gefallen diese Lieder mehr als alle, und sie werden euch auch noch gefallen …«



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